Gertrude Enderle-Burcel

"Berichte aus Israel" - Zu Rolf Steiningers Aktenedition

Wissenschaftliche Akteneditionen sind stets ein ambitioniertes Unternehmen. Sie erfordern intensive Forschungen, die sich meist über mehrere Jahre erstrecken. Sie bedeuten , Geldgeber für Aktenstudium, Recherchen und schließlich für die Publikation mehrerer Bände zu finden.
Rolf Steininger ist es gelungen auf einen Schlag „Berichte aus Israel, Eine Aktenedition, 1948-1972, Österreich-Israel, Die Beziehungen“ in 13 Bänden im Olzog Verlag herauszugeben. In Band 1 bis 11 werden Berichte der Jahre 1946 bis 1972 ediert. Die Bezeichnung der Aktenreihe 1948 bis 1972 deckt nicht ganz den zeitlichen Rahmen ab, da auch Berichte vor der Gründung des Staates Israel ediert wurden. Weiters gibt es noch zwei Ergänzungsbände. Band I trägt den Titel „Österreich-Israel. Die Beziehungen“. Band II bringt ergänzend Berichte von Generalkonsul Walter Haas (1927-1933) und Generalkonsul Dr. Ivo Jorda (1933-1938) aus Jerusalem.
Die Bände enthalten nicht nur Berichte, sondern geben in den Einleitungsteilen viele Detailinformationen: so u.a. zu den Missionschefs, zur diplomatischen Berichterstattung allgemein, Hinweise zur Edition, Literaturhinweise, Zeittafeln, Verzeichnisse der Dokumente, Verzeichnisse der Faksimileabbildungen, Bildteile, Dokumente, Abkürzungsverzeichnis, Orts- und Sachregister, Personenregister.
Soweit einige Informationen zu den Inhalten der Bände wie sie sich dem Benützer der Aktenedition beim lockeren Durchblättern darbieten.
Der Verlag stellt nur Band I der Ergänzungsbände zur Verfügung. Dieser Band enthält die Einleitung zur Edition, die jeweiligen Einführungen zu den Berichten der Missionschefs sowie die Verzeichnisse der Dokumente und Faksimileabbildungen, sodass man sich zwar rasch einen Überblick über den Inhalt der elf Dokumentenbände machen kann, doch gibt dieser Band keinen Einblick in die eigentliche Editionsarbeit. Er besteht zum größten Teil aus dem wiederholten Abdruck der Einleitungstexte der elf Einzelbände. Darüber hinausgehend gibt es lediglich eine zehn Seiten umfassende Darstellung der Zeit von 1945 bis zum Yom Kippur-Krieg 1973. Ein Personenregister liefert zu vielen Hauptakteuren Lebens- und Karrieredaten, wobei die genauesten Angaben für die österreichischen Diplomaten vorliegen, zu denen Gesandter Rudolf Agstner seit vielen Jahren forscht.
So interessant und wichtig die historischen Einbegleitungen zu einer Aktenedition sind – im vorliegenden Gesamtwerk wurden sie sogar doppelt abgedruckt – so sind die Berichte der diplomatischen Vertreter Österreichs doch das Kernstück des Unternehmens. Jeder Rezensent muss das Hauptaugenmerk auf den Editionsteil richten: wie erfolgte die Auswahl der Dokumente, wie wurden die editionstechnischen Probleme gelöst, was leisten die Einleitungsteile, Anmerkungsapparat und Register.
Die Rezension von dreizehn Bänden hätte allerdings jeden vertretbaren Zeitrahmen gesprengt. Nach dem Prinzip „pars pro toto“ wurden Band 1 und Band 10 der Aktenedition ausgewählt.
Für Band 1 „Berichte aus Israel, 1946-1949 Palästina/Israel“ zeichnet Rolf Steininger sowohl als Bearbeiter als auch als Herausgeber alleine verantwortlich (dies gilt für alle Bände von 1 bis 9). Der Zeitraum von Band 1 ist mit 117 Dokumenten zwischen dem 13. März 1946 und 30. Dezember 1949 abgedeckt. Den Dokumenten vorangestellt sind Vorbemerkungen des Herausgebers, in denen die Entstehungsgeschichte der Aktenedition kurz skizziert wird, eine Übersicht über die Bände der Edition bzw. die diplomatischen Vertreter Österreichs in Israel, Ausführungen zu den diplomatischen Vertretungen in Tel Aviv und Wien (von Rudolf Agstner und Rolf Steininger), ein Verzeichnis der österreichischen Missionschefs in Israel und der israelischen Missionschefs in Österreich und ein sehr informativer Beitrag über die diplomatische Berichterstattung (von Rudolf Agstner). Weiters sind den Dokumenten knappe Hinweise zur Edition, Literaturhinweise, Erklärungen zu israelischen Zeitungen und Parteien sowie Worterklärungen voran gestellt. Eine Zeittafel, ein kurzer Abschnitt zu den Jahren ohne diplomatische Vertretung – 1946 bis 1949 und ein Verzeichnis der Dokumente sowie ein Bildteil ergänzen den Einleitungsteil. Am Ende des Bandes findet sich ein Abkürzungsverzeichnis, ein Ort- und Sachregister sowie ein Personenregister. Der Editionsband scheint auf den ersten Blick alles zu haben, was sich der Benützer bzw. Leser publizierter Akten erwartet.
Vergleicht man nun die editionstechnischen Kriterien, die der Bearbeiter=Herausgeber in seinen „Hinweisen zur Edition“ aufgestellt hat mit den Einzeldokumenten, so finden sich sehr viele Beispiele, die von den Vorgaben abweichen. Es wurden die Aktenzeichen nicht immer originalgetreu übernommen, die Kopfzeilen variieren, handschriftliche Zusätze – ja selbst wichtige Aktenvermerke – sind nicht immer ausgewiesen. Uneinheitliche Schreibweisen von Eigennamen wurden nicht wie im Original wiedergegeben, Angaben des Fund- bzw. Hinterlegungsort der Dokumente wurden nicht korrekt wiedergegeben. Dies sind nur einige wichtige Editionsrichtlinien, die vom Bearbeiter=Herausgeber nicht eingehalten wurden. Eine Erklärung mag darin zu finden sein, dass sich in den editionstechnischen Hinweisen häufig die Wendung „in der Regel“ findet. Dies könnte dahingehend interpretiert werden, dass sich der Bearbeiter=Herausgeber in der Regel - aber nicht immer – an seine formalen Vorgaben hielt. Alle für die Rezension nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Dokumenten zeigten aber Abweichungen von den Editionsgrundsätzen, sodass der Eindruck entsteht, dass die Abweichungen die Regel dieser Aktenedition sind. An Hand einiger Dokumente soll dies verdeutlicht werden.
Vergleicht man im Verzeichnis Dokumente 4, 17 und 43 so ist keine Einheitlichkeit gegeben oder irgendein Editionsprinzip erkennbar. Bei Dokument 4 ist kein Betreff angeführt. Bei Dokument 17 ist ersichtlich wer das Dokument erstellte und um welchen Betreff es sich handelt, aber nicht an wen das Dokument ging. Bei Dokument 43 steht im Verzeichnis nur der Betreff, nicht hingegen wer (Bielka) an wen (Gruber) schrieb. Ein durchgehendes Prinzip hätte dem Benützer essentielle Informationen auf einem Blick geliefert. Gravierender ist der Umgang mit Hinweisen auf den Hinterlegungsort im Archiv. Bei Dokument Nummer 1 sind die Angaben zum Auffinden im Archiv mehrfach irreführend. Der Akt ist nicht in der II-pol hinterlegt, sondern im Bestand W-pol (Handel Palästina, Karton 12). Unter der angegebenen Grundzahl 101.137-Wpol/46 und der angeführten Aktenzahl 101.909-Wpol/46 ist nicht der abgedruckte Akt zu finden. Mit den vom Bearbeiter=Herausgeber angeführten Aktenzahlen kommt man zu einem Akt mit dem Betreff: Dr. Karl Seidmann, Verwendung als Vertreter der Exportabteilung der Wiener Handelskammer – also ein völlig anderes Dokument. Sucht man unter derselben Grundzahl weiter, findet man erst unter Zl. 101.596 pol/46 das abgedruckte Dokument. Dieser Akt stammt allerdings aus dem Juni 1946. Im gesamten Akt ist das von Rolf Steininger angeführte Datum – 13. März 1946 - nicht zu finden. Sieht man von den formalen Unzulänglichkeiten ab, so bleibt inhaltlich die Frage nach der Zeitdifferenz zwischen März und Juni 1946, die nicht unerheblich ist.
Dokument 8 enthält die falsche Bestandsbezeichnung II-pol statt W-pol. In diesem Dokument befindet sich eine der äußerst sparsam gesetzten Anmerkungen. Bei dem abgedruckten Schriftstück handelte es sich um einen Brief von Karl Seidmann aus Tel Aviv an einen „Grafen“. Als Anmerkung dazu findet sich „Empfänger war nicht zu eruieren“. Ein Blick in die Originalakten zeigt, dass es sich dabei um ein Schreiben Karl Seidmanns an einen Rechtsanwalt Dr. Josef Ezdorf handelt und nicht, wie Steiningers Dokumentenkopf ausweist, an das BKA/AA. Aus den Akten geht auch völlig klar hervor, dass Josef Ezdorf – mühelos als Graf Josef Ezdorf zu identifizieren – den an ihn gerichteten Brief an Gordian Gudenus zwecks einer Intervention weiterleitete. Der Brief ist daher völlig falsch als Schreiben Seidmanns an das BKA angeführt. Alle wesentlichen Zusatzinformationen fehlen. Die falsche Anmerkung in Kombination mit dem falschen Dokumentenkopf erwecken beim Benützer/Leser den Eindruck, dass es sich um einen „Grafen….“ im BKA handelt.
Dokument 17 enthält wieder die falsche Bestandsbezeichnung II-pol statt W-pol. In der Edition wird der Akt auch mit „Zl. 116.060-Pol/47“ wiedergegeben, während im Original Zl. 116060 Wpol/47 steht. Dies ist eine formale Abweichung von den Editionskriterien (siehe Seite 41). Nicht nachvollziehbar ist die Anmerkung 2, aus der hervorgeht, dass die im Text erwähnten deutschen Übersetzungen von zwei Zeitungsartikeln den Akten nicht beiliegen. Der Blick in die Originalakten – erschwert durch die falsche Zitierung – zeigt, dass die Übersetzungen nicht nur beiliegen, sondern am Bericht mit einer Heftklammer befestigt sind. Der Zustand der Heftklammer lässt vermuten, dass die Aktenteile seit ihrem Einlangen im BKA/AA so verwahrt wurden. Auch bei diesem Dokument führt die Anmerkung des Bearbeiters=Herausgebers in die Irre.
Der Abdruck von Dokument 32 gibt die Randnotizen nicht korrekt wieder. So ist in der handschriftlichen Notiz, die in Anmerkung 1 angeführt ist, das Datum, das nur mit März angegeben ist, sehr gut als 9. März lesbar. Die Notiz, die in Anmerkung 3 wiedergegeben wird endet im Original mit unleserlichen Teilen. Dies wäre anzuzeigen gewesen. Dokument 34 zeigt eine starke Abweichung beim Umgang mit Randnotizen.
Hier wurden sehr interessante Randnotizen nicht in die Edition aufgenommen. Auch ein längerer Amtsvermerk („Die Arab. Legion wurde auf Verlangen der Jewish Agency aus Palästina abgezogen…) findet sich nicht in der Aktenedition.
Versucht man nun die Register der Edition zu benützen, so erschwert die mangelnde Systematik durchgehend die Suche. Das Abkürzungsverzeichnis enthält nur eine Auswahl der im Band vorkommenden Abkürzungen. Die Beispiele dafür sind so zahlreich, dass sich beim langsamen Durchblättern des Bandes fast in jedem Dokument eine Abkürzung findet, deren Auflösung fehlt. Auch das Ort- und Personenregister bietet nur eine Auswahl. Hier seien nur einige Beispiele angeführt. In Dokument 52 auf Seite 247 geht es um die de facto Anerkennung Israels, wobei die USA, Guatemala, Südafrika, UdSSR, Ukraine, CSR, Jugoslawien, Polen und Großbritannien angeführt sind. Im Ortsregister findet man lediglich die USA und Großbritannien. Von den im Dokument 52 vorkommenden Personen fehlt Commander Jackson. Auch ein zweiter Versuch, ein System hinter den fehlenden bzw. vorhandenen Orten und Personen zu finden, ist fehlgeschlagen. Dokument 31 enthält die Namen Präsident Ehrlich, Silberknopf, König Abdullah, Dr. Manges und Seidmann. Im Personenregister finden sich nur König Abdullah und Seidmann. An Orten kommen in diesem Dokument Palästina, Tel Aviv, Haifa, Jaffa, Ankara, London, Österreich, England und Großbritannien vor. Im Ortsregister finden sich Haifa, Jaffa, London und Großbritannien.
Abkürzungsverzeichnis und Registerteile bieten dem Benützer also lediglich eine Auswahl, wobei völlig unklar ist, nach welchen Kriterien vorgegangen wurde.
Band 10 und 11 der Edition decken die Jahre 1968 bis 1972 ab. Dies sind jene Jahre, in denen Arthur Agstner Botschafter in Israel war. Diese zwei Bände wurden von Rudolf Agstner, dem Sohn von Arthur Agstner und Rolf Steiniger gemeinsam bearbeitet. Als Herausgeber zeichnte Rolf Steininger verwantwortlich. Für die Rezension wurde Band 10, der die Jahre 1968 und 1969 umfaßt herangezogen. Auffallend ist, dass in diesem Band editionstechnische Hinweise fehlen. Ebenso fehlen jegliche Provenienzangaben und jede Bestandsbeschreibung. Nach einigen vorangestellten Einzeldokumenten zum neuen Missionschef in Israel beginnen mit Dokument 6 die Berichte Arthur Agstners. Ein Vergleich der abgedruckten Berichte mit den Originaldokumenten zeigt wieder denselben Umgang mit den Quellen wie in Band 1 der Aktenedition. Bei Dokument 7 fehlt der letzte Satz (Genehmigen Sie….). Die Dokument 13 und 14 weisen die Aktenzahlen Zl. 3932-A/68 und Zl. 4892-A/68 auf. Anmerkung 1 auf Seite 90 gibt zwar keinen Aufschluss darüber, um welchen Aktenbestand es sich bei A-Berichten handelt (A für Agstner?) , doch wird darauf hingewiesen, dass nicht geklärt werden konnte, warum zwei A-Berichte mit so weit auseinander liegenden Nummern – gemeint sind die Aktenzahlen 3932 und 4892 – mit dem selben Datum – 23.5.1968 – versehen sind. Das Rätsel der A-Berichte wird wohl Archivbedienstete und Benützer noch länger beschäftigen. Der Bericht Zl. 16 –Pol/68 (=Dokument 16) liegt nicht bei den Akten. Bericht Zl. 20-Pol/68 mit dem Betreff „Israelische Reaktion zum Besuch des Herrn Bundespräsidenten in Moskau“ liegt hingegen im Aktenbestand, findet sich aber nicht in der Edition. Der Bericht Zl. 22-Pol/68 (Dokument 21) bricht in der Edition mitten im Satz „Diese rigorose israelische Haltung…“ ab. Der Hinweis in Anmerkung 2 „Rest des Berichtes nicht bei den Akten“ ist eben so falsch wie Anmerkung 1, aus der hervorgeht, dass ein im Text erwähnter Amtsvermerk nicht bei den Akten liegt. Der Originalakt ist vollständig und ein zweiseitiger Amtsvermerk vom 26. Juni 1968, unterzeichnet von Paul Leifer, liegt ebenfalls bei. Der Bericht mit der Zl. 25-Pol/68, der in der Edition fehlt, findet sich im Aktenbestand mit dem Betreff „Israel und der Atomsperrvertrag“. Das gilt auch für Zl. 27-Pol/68 mit dem Betreff „Israel und der Ausgang der Wahlen in Frankreich“.
Der Bericht Zl. 33-Pol/68 fehlt in der Edition, befindet sich dafür aber im Aktenbestand mit dem Betreff „Besuch des niederländischen Außenministers in Israel“. Auch Zl. 35-Pol/68 mit dem Betreff „Die deutsch-israelischen Beziehungen drei Jahre nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen“ ist vorhanden und umfasst 4 ½ Seiten. Zl. 38-Pol wäre ebenso interessant für die Edition gewesen, da der Bericht erste Reaktionen Israels zur Besetzung der CSSR durch die Truppen der Warschauer-Pakt Staaten enthält. In Dokument 40, Zl. 43-Pol/68, in dem es um den Besuch von Kardinal König in Israel geht, fehlt der Hinweis auf das dem Bericht beiliegende detaillierte Besuchsprogramms des Kardinals für die Tage 28. bis 31. Oktober.
Dokument 41 (Zl.44-Pol/68) enthält in Anmerkung 1 zwar sorgfältig recherchierte Daten zu Levi Shkolnik, vergisst aber den Wechsel zum Namen Eshkol aufzuklären. In Dokument 42 (Zl.45-Pol/68) ist der Hinweis in der Anmerkung, dass die Antrittsadresse nicht beiliegt, falsch - dies gilt auch für Anmerkung 2, die sich ja nur auf Seite 3 der Antrittsadresse bezieht und eigentlich als Anmerkung im doppelten Sinn überflüssig ist. Auch der Hinweis in Dokument 46 (Zl.48-Pol/68) – Anmerkung 4 – dass die Antwort Ebans nicht beiliegt ist falsch. Seine Antwort umfasst 3 ½ Seiten. Gleiches gilt für Dokument 53 . Die Beilagen A und B umfassen 11 Seiten und liegen dem Bericht Zl. 55-Pol/68 bei. Auch der Artikel der „Jerusalem Post“, der in Dokument 55 (Bericht Zl. 55-Pol/68) Erwähnung findet, liegt den Akten bei („A New Vietnam“, Mittwoch 18. Dezember 1968). Nach Durchsicht der Berichte des kompletten Jahres 1968 bleibt ein Gefühl der Ratlosigkeit.
Die Registerteile bieten wie schon bei Band 1 nur eine Auswahl. So um nur ein Beispiel anzuführen fehlen bei Dokument 44 von Seite 164 Libanon, Israel, Dänemark und Schweden im Ortsregister. Paul Leifer, der mehrmals im Text vorkommt – so u.a. auf Seite 184 – fehlt im Personenregister ebenso wie Prof. Dr. Bergmann (Dokument 43, S 161). Insgesamt scheint sich aber die Mitarbeit eines zweiten Bearbeiter, Rudolf Agstners, positiv auf die Registererstellung ausgewirkt zu haben, da der Band in diesen Teilen besser ist als Band 1. Die Fehler sind nicht so zahlreich.
Das unvollständige Abkürzungsverzeichnis macht sich bei Band 10 besonders unangenehm bemerkbar, da „Israelische Partei“ häufig und nur mit Abkürzungen vorkommen. Band 1 enthält zwar unter VIII des Einleitungsteiles Zeitungen, Worterklärungen und Parteien, doch fehlt im Band 10 jeder Hinweis darauf. Dies führt zu dem Paradoxon, dass in Band 1, der die Jahre 1946 bis 1949 abdeckt, die 1968 gegründete „Israelische Partei der Arbeit“ (Mai) zwar aufscheint, aber im Band 10, der die Jahre 1968 und 1969 abdeckt, nicht erklärt wird. Dies gilt auch für die Parteienabkürzung MAPAM. IAP wird hingegen im Band 10 im Abkürzungsverzeichnis mit „Israelische Arbeiterpartei“ aufgelöst. Im Parteienverzeichnis des Bandes 1 findet sie sich aber nicht.

Für Band 1 und 10 – also jene Bände, mit denen sich die Rezensentin auseinandersetzte, muss festgestellt werden, dass es völlig unklar ist, welche Aktenbestände für die Edition verwendet wurden. Es fehlt jeder Hinweis auf die Behördenstruktur. Dies führt zu den Verwechslungen zwischen II-pol und w-pol. Kult-mult, Kult-bi, VR (Völkerrecht) scheinen zwar in den Aktenzahlen auf, doch gibt es weder in den Einleitungsteilen, noch in den Anmerkungen Hinweise dazu. Dies gilt auch für ominöse A Zahlen. Die Registerteile sind bei Band 10 offenkundig besser, wenngleich sie keinesfalls jenen wissenschaftlichen Standard aufweisen, der bei Akteneditionen unerlässlich ist.
Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass jene formale und inhaltliche Systematik fehlt, die Akteneditionen als Mittler zwischen Archivquellen und Forschung aufweisen müssen. Die Dokumente sind wie Mosaiksteine, die sich zu keinem Ganzen fügen. Da Akteneditionen die Grundlage für weitere Forschungen bilden, ist zu befürchten, dass sich die Spuren der Fehler tief in die Forschung ziehen werden. Der minimalistische Anmerkungsapparat erweist sich in der Regel - um in der Diktion des Bearbeiters=Herausgebers zu bleiben - als falsch. Der Weg ins Archiv bleibt der Forschung nicht erspart. Den Archivarinnen und Archivaren werden längere Suchvorgänge nicht erspart bleiben. Eine wesentliche Aufgabe von Akteneditionen sollte es sein, die Quellen zu erschließen. Das bloße und außerdem fehlerhafte Abdrucken von Dokumenten erfüllt diese Funktion nicht.
Die Edition liefert mit ihrer Fülle an publizierten Akten aber zumindest einen Eindruck von der Vielfalt der Probleme, die das Verhältnis Österreich-Israel bestimmten. Gezieltes und rasches Benützen der Edition ist zwar auf Grund der mangelhaften Register nicht möglich, doch wer sich Zeit nimmt wird viele Anregungen bekommen. Die Aktenedition muss als wenig geglückte Umsetzung des politischen Willens zur Aufarbeitung der österreichisch-israelischen Beziehungen bezeichnet werden. Angesichts der Wichtigkeit des Themas kann von einer vertanen Chance gesprochen werden.

Der Aufsatz ist in leicht abgeänderter Form in der Österreichischen Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, 16. Jg. Heft 2/2005 erschienen.