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EDITION DER HANDELSPOLITISCHEN MINSTERKOMITEES DER JAHRE 1931 BIS 1937
Aktenlage

In den Ministerratsprotokollen der dreißiger Jahre wird häufig auf das Ministerkomitee zur Behandlung aller mit den Handelsvertragsverhandlungen zusammenhängenden Fragen verwiesen, doch war der Bestand im Österreichischen Staatsarchiv nicht zu eruieren. In den Einleitungen zu den Ministerratsprotokollen der Regierung Dollfuß wurde immer wieder darauf verwiesen, dass außenpolitische und handelspolitische Fragen wenig Niederschlag in den Protokollen gefunden hatten, da wesentliche Diskussionen dazu in Ministerkomitees stattfanden.

Ende der achtziger Jahre wurde bei der Quellensuche für eine andere wissenschaftliche Arbeit erstmals ein geschlossener Bestand von Ministerkomiteesitzungen gefunden. Die Sitzungsprotokolle befinden sich im Archiv der Republik im Bestand „Bundeskanzleramt, Auswärtige Angelegenheiten, Abteilung 14 HP, Wirtschaftspolitik“.

Forschungsprojekt

Nach Auffindung dieses Bestandes, der aus 130 Sitzungen der Jahre 1931 bis 1937 besteht, wurde im Wissenschaftsministerium ein Forschungsprojekt eingereicht und in den Jahren 1991 bis 1994 durchgeführt. Das Ergebnis liegt als Rohmanuskript vor. Eine zu den Ministerratsprotokollen der Regierungen Buresch/Dollfuß/Schuschnigg parallel laufende Aktenedition würde mindestens drei Bände umfassen. Der Beginn einer neuen Editionsreihe ist bei den beschränkten finanziellen Forschungsmitteln derzeit nicht möglich.

Inhaltliche Schwerpunkte

Das handelspolitische Ministerkomitee wurde im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise als Diskussionsforum geschaffen, das ab 25. April 1930 regelmäßig „Aussprachen über handelspolitische Fragen“ abhielt und sich ab 17. November 1931 zum eigentlichen Ministerkomitee entwickelte. Es war mit der Behandlung aller Angelegenheiten betraut, die mit der Umstellung der gesamten Handelspolitik in den dreißiger Jahren zusammenhing.

In der Regel waren Bundes- und Vizekanzler, die Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, für Handel und Verkehr sowie für Finanzen anwesend. Häufig waren auch die leitenden Beamten dieser Ministerien sowie der handelspolitischen Abteilung des Bundeskanzleramtes, Auswärtige Angelegenheiten zugezogen. Zu einzelnen Sitzungen wurden auch Vertreter der Landwirtschaft, des Handels und der Industrie, aber auch der Arbeitnehmer beigezogen.

Das Ministerkomitee legte die Grundlinien der Handelspolitik fest, ging aber auch auf unzählige Detailfragen ein. Die Beratungen beschränkten sich dabei auf die rein wirtschaftlichen Aspekte. Politische Fragen blieben in den 130 Sitzungen ausgespart. Selbst das Zollunionsprojekt des Jahres 1931 oder so gravierende Ereignisse wie der „Februar 1934“ oder der „Juliputsch“ der Nationalsozialisten im Jahre 1934 blieben unerwähnt.

Insgesamt nahm die Wichtigkeit des Ministerkomitees im Zuge der Überwindung der stärksten Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise ab. In den Jahren 1936 und 1937 wurden nur mehr 15 Sitzungen abgehalten, wobei es zu Intervallen von drei bis sogar viereinhalb Monaten zwischen den einzelnen Sitzungen gekommen war (vgl. die 115. Sitzung vom 27. November 1936 und die 116. Sitzung vom 14. April 1937). Im Ministerkomitee wurde auf die Gründe für diese Unterbrechung nicht eingegangen. Auch in der letzten Sitzung des Komitees gibt es keinen Hinweis auf die Beendigung der Zusammenkünfte.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die vorliegenden umfangreichen und bis ins Detail gehenden Protokolle des handelspolitischen Ministerkomitees einen bedeutenden Beitrag zum Verständnis der wirtschaftlichen Probleme der Ersten Republik für den Zeitraum vom Frühjahr 1930 – zu dieser Zeit begannen die Vorläufersitzungen – bis Herbst 1937 leisten. Sie stellen zudem eine wichtige Ergänzung zur Edition der Ministerratsprotokolle dieser Zeit dar.

Literaturhinweis

Als ein Ergebnis des Forschungsprojektes liegt eine Diplomarbeit des Bearbeiters vor:

Robert Wirtitsch, Die österreichische Außenhandelspolitik im Lichte des „Wirtschaftlichen Ministerkomitees“ von 1930 bis 1938, Dipl.Arb., Wien 1997.