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DARSTELLUNG DER QUELLE. GRUNDSÄTZLICHES ZUR EDITION. 

Gertrude Enderle-Burcel
 

I. AUFBAU UND INHALT DER KABINETTSRATSPROTOKOLLE

Die vorliegende Aktenedition gibt die Äußerungen der Mitglieder der Provisorischen Regierung Karl Renner im vollen Wortlaut wieder, wie sie als Reinschriften im Archiv der Republik im Österreichischen Staatsarchiv vorhanden sind. Der Bestand umfaßt 3 Kartons und wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes EDV-mäßig erfaßt und liegt auch als CD-ROM vor. Die Edition wird drei Bände umfassen. Band 1 enthält Protokoll 1 bis 16, Band 2 Protokoll 17 bis 29 und Band 3 Protokoll 30 bis Protokoll 43.

Im Aufbau der Kabinettsratsprotokolle des Jahres 1945 - Tagesordnung, Protokolltext, Beilagen, Beschlußprotokoll - läßt sich eine starke Kontinuität zu den Ministerratsprotokollen der Ersten Republik feststellen. Die Strukturierung der Edition folgt daher weitgehend dem bewährten Vorbild der Gesamtedition dieser Protokolle.

In der Terminologie griff Karl Renner mit den Bezeichnungen Staatsämter und Staatssekretäre bewußt auf den Beginn der Ersten Republik zurück. Die Staatssekretäre waren Ressortchefs mit den Vollmachten von Ministern. Für sie war zur Erledigung einzelner Aufgaben eine nicht genau fixierte Anzahl von Unterstaatssekretären vorgesehen. Da die Provisorische Regierung Karl Renner Gesetzgebung und Vollziehung vereinte, war diese Regierung ein relativ großes Gremium.

Für wichtige und rasch zu treffende Entscheidungen wurde daher der sogenannte Politische Kabinettsrat geschaffen, ein kleines Gremium, in dem der politische Konsens hergestellt wurde. Von den Sitzungen des Politischen Kabinettsrat sind allerdings bis zur vorliegenden Edition keine Unterlagen auffindbar bzw. erhalten. Im Unterschied zu den Ministerratsprotokollen der Ersten Republik sind für die Kabinettsratsprotokolle der Provisorischen Regierung Karl Renner auch keine stenographischen Mitschriften auffindbar bzw. erhalten.
 

II. AUSWAHL DER DOKUMENTE

Aus dem vorhandenen Sitzungsmaterial, das in der Regel aus Anwesenheitsliste, Tagesordnung, Reinschrift des Sitzungsprotokolls, Beilagen und Beschlußprotokoll besteht, werden mit Ausnahme der Beilagen alle Dokumententeile im vollen Umfang wiedergegeben. Auf Grund des oft sehr großen Umfangs der Beilagen mußte für den Druck eine Auswahl getroffen werden. Es werden nur jene Beilagen im vollen Wortlaut in die Edition aufgenommen, die von außerordentlicher Bedeutung sind, während über die anderen Beilagen der Anmerkungsapparat Auskunft gibt. Herkunftsort, Aktenzahl, Art der Beilage und Angaben über Inhalt und Umfang bieten dem Benützer weiterführende Informationen.

Die im Umfeld der Kabinettsratsprotokolle vorhandenen Archivmaterialien wurden mit Hilfe des Anmerkungsapparats in die Edition integriert.
 

III. ANORDNUNG DER DOKUMENTE

Die Anordnung der Dokumente erfolgte chronologisch. Die thematische Aufschlüsselung der Protokolle leistet das Sachregister.

Dokumentenkopf

Der standardisierte Dokumentenkopf gibt Aufschluß über die Protokollnummer, den Tag der Sitzung, den Vorsitz, die Anwesenheit der Staatssekretäre, den oder die Schriftführer, zugezogene Referenten, den Ort und die Dauer der Kabinettsratssitzung. Über Funktion und Ressortzugehörigkeit der Anwesenden gibt das Personenregister Auskunft. Die Angabe der Uhrzeit erfolgt nach moderner Schreibweise, also 18 Uhr statt „6 Uhr abends“.

Von den Bearbeitern werden noch Hinweise auf das Vorhandensein von Reinschrift, Präsenzliste und Beschlußprotokoll hinzugefügt. In den Fällen, in denen keine Anwesenheitsliste vorhanden ist, wird eine Rednerliste erstellt und im Anmerkungsapparat erläutert.

Alle von den Bearbeitern ergänzten Dokumententeile sind an der Kursivschreibung erkennbar.

Tagesordnung

Dem Dokumentenkopf folgt die Tagesordnung. In der bei fast allen Protokollen vorhandenen Tagesordnung scheinen die Anträge der einzelnen Staatssekretäre nach Ressorts getrennt auf, allerdings fanden nicht alle eingebrachten Tagesordnungspunkte im Kabinettsrat einen Niederschlag. Einzelne Punkte wurden zurückgestellt, ohne daß die Gründe für diese Zurückstellung aus dem Protokoll erkennbar sind.

Die Tagesordnung entspricht daher häufig nicht dem tatsächlichen Debattenverlauf und in weiterer Folge auch nicht der Numerierung im Beschlußprotokoll. In der Edition werden die Abweichungen in Kursivschrift und eckiger Klammer ausgewiesen.

Wo dem Kabinettsratsprotokoll keine Tagesordnung beiliegt, wurde sie aus dem Verhandlungsprotokoll von den Bearbeitern erstellt. Auch Punkte, die ursprünglich nicht auf der Tagesordnung standen, wurden von den Bearbeitern ergänzt.

Liste der Beilagen

Auf die Tagesordnung folgt eine von den Bearbeitern erstellte Liste der Beilagen. Die Liste dient zur rascheren Information und Orientierung. Der Dokumentenkopf der Beilage wurde - soweit vorhanden - aus dem Original übernommen und gibt damit Auskunft über Herkunft und Art der Beilage. Die hinzugefügte Seitenanzahl zeigt den Umfang an. Beilagen mit * versehen werden im Anschluß an den Protokolltext im vollen Wortlaut abgedruckt.

Text des Protokolls

Auf die weitgehend schematisierten Anfangsteile der Dokumente - Dokumentenkopf, Tagesordnung, Liste der Beilagen - folgt der Text der Protokolle. Der Text der Kabinettsratsprotokolle wird grundsätzlich im vollen Umfang wiedergegeben. Die maschinschriftlich abgefaßte Reinschrift der Debatten im Kabinettsrat weisen fallweise handschriftliche Ausbesserungen und Zusätze auf. Textkritische Hinweise dazu finden sich im Anmerkungsapparat.

Stenogramme

Die dem Protokolltext zugrundeliegenden Stenogramme sind im Bestand der Kabinettsratsprotokolle der Provisorischen Regierung Karl Renner nicht überliefert. Eine Textpassage im Band 1 der vorliegenden Edition, in der ein Stenographenplatz erwähnt wird, läßt allerdings vermuten, daß die Reinschrift durch Übertragung von Stenogrammen erfolgte.

Beilagen

Auf Grund des oft sehr großen Umfanges des beiliegenden Materials werden nur Beilagen von außerordentlicher historischer Bedeutung in die Edition aufgenommen, die einen vertiefenden Einblick in Entscheidungsprozesse der Provisorischen Regierung Karl Renner vermitteln. Über Form, Inhalt und Umfang jener Beilagen, die nicht gedruckt werden, gibt der Anmerkungsapparat Aufschluß.

Im vorliegenden Band 2 der Edition wird in Protokoll 28 vom 29. August 1945 auf einen „ersten vertraulichen Teil“ einer Konferenz am 28. August 1945 zwischen Aleksej Zeltov und Karl Renner Bezug genommen, der dem Kabinettsratsprotokoll aber nicht beiliegt. Da nur der zweite Teil dieser „Information“ dem Sitzungsprotokoll beiliegt, wurde der erste Teil aus dem Nachlaß Karl Renner ergänzt und in die Edition aufgenommen.

Beschlußprotokolle

Die Beschlußprotokolle der Kabinettsratsprotokolle werden ab Band 2 in die Edition aufgenommen, da Tagesordnung, tatsächlicher Debattenverlauf und Numerierung des Beschlußprotokolls weitgehend nicht übereinstimmen. Bei vielen Tagesordnungspunkten - insbesondere bei schwierigen Gesetzesmaterien - wurden die Diskussionen so unübersichtlich abgeführt, daß das Beschlußprotokoll in vielen Fällen eine kurze und gute Zusammenfassung des Debattenergebnisses bringt.

Neben dem Tagesordnungspunkt wird in Kursivschrift und eckiger Klammer auf den entsprechenden Punkt des Beschlußprotokolls verwiesen.
 

IV. TECHNISCHE ERLÄUTERUNGEN

Der Quellentext ist in Standardschrift wiedergegeben. Offensichtliche Schreibfehler wurden weitgehend ohne Anmerkungen von den Bearbeitern korrigiert. Nur in Ausnahmefällen wurde das Original belassen. Ein sic zeigt sprachliche Unebenheiten an. Schreibweisen von Namen und Sachbegriffen sind im Text der Edition der Vorlage entsprechend beibehalten worden. Der Anmerkungsapparat und das Personenregister bringen die Richtigstellung. Bei den besonders stark variierenden russischen Namen wird bei der Erstnennung im Protokolltext eine Anmerkung gesetzt, in der die transliterarische Form wiedergegeben wird, unter der der Name auch im Personenregister zu finden ist. Bei Ländernamen erfolgt eine Anpassung an die heutige Schreibweise. Bei der Oesterreichischen Nationalbank wird im Protokoll die Schreibung mit Ö beibehalten. Unterstreichungen und Hervorhebungen durch Sperrung im Original werden generell durch Sperrung wiedergegeben. Das äußere Erscheinungsbild des Textes folgt bei der Form der Absätze, Zentrierungen, eingerückte Passagen u.ä. der Vorlage.

Die Vielzahl der verschiedenartigen, oft sehr speziellen Sachverhalte bedarf eines erläuternden und ergänzenden Kommentars. Der kommentierende Anmerkungsapparat enthält textkritische und sachbezogene Hinweise. Alle Zusätze, Ergänzungen und Kommentare der Bearbeiter der Edition sind in Kursivschrift.

In den sachbezogenen Anmerkungsapparat wurde aufgenommen: Akten- und Zeitungsverweise, Literaturverweise nur in Ausnahmefällen, amtliche Publikationen, Angaben über Art und Umfang der Beilagen, Auflösung von ungebräuchlichen Abkürzungen, Identifizierung von Personen, die im Text nur ihrer Stellung nach bezeichnet sind, Richtigstellung von in den Textvorlagen unbemerkt gebliebenen Irrtümern, Verweise auf in Sinn- und Zeitzusammenhang stehende Kabinetts- und Ministerratsprotokolle sowie Staats- und Bundesgesetzblätter.

Historische Darstellungen und wissenschaftliche Kontroversen wurden in den Kommentar nicht einbezogen. Der Anmerkungsapparat soll keine Geschichtsdarstellung leisten, sondern er soll vielmehr durch seine Erläuterungen und Ergänzungen dem Benützer das Verständnis erleichtern und weitere Forschungsmöglichkeiten aufzeigen.